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Erinnerungen 5.Dieses tut es auch in der Walpurgisnacht und zwar in zweierlei Hinsicht, bezüglich

der Trödelhexe um die Erinnerungen an das bisherige Geschehen im Faust 1,

bezüglich

der anderen Erinnerungen aber offenbar um Goethes Leben.

Dieses verwundert eigentlich nicht, wir wissen doch, dass Goethe einige Male auf dem Brocken im Harz war und dass diese Erlebnisse Gestalt gefunden haben in der Walpurgisnacht.Goethe meint offenbar aber hiermit auch noch ganz andere Erinnerungen . Dieses können wir aber nur entschlüsseln, wenn wir uns quasi bei jeder Zeile in der Walpurgisnacht (eigentlich bei jeder Zeile der Faust Dichtung) eine ganz besondere Eigenschaft von Goethe immer wieder in Erinnerung rufen. Dies ist seine Eigenschaft als

„Reinecke-Fuchs der Dichtkunst“ 6.So finden wir auch hier wieder eine Art Zueignung.

Wechselgesang von Faust, Mephistopheles und Irrlicht:

Hör' ich Rauschen?hör' ich Lieder? 3883
Hör' ich holde Liebesklage,
Stimmen jener Himmelstage?
Was wir hoffen,was wir lieben!
Und das Echo,wie die Sage
Alter Zeiten,hallet wieder. 3888

des weiteren weist auch die Trödelhexe auf die Vergangenheit:

Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen, 4104 f
Kein Kelch, aus dem sich nicht, in ganz gesunden Leib,
Verzehrend heißes Gift ergossen,
Kein Schmuck, der nicht ein liebenswürdig Weib
Verführt, kein Schwert das nicht den Bund gebrochen,
Nicht etwa hinterrücks den Gegenmann durchstochen.

5 Matussek S.362 und s.bei Jochen Schmidt S.48
6 Die Ansicht, dass Goethe sozusagen der "Reinecke-Fuchs der Psychoanalyse" war, wurde schon früher geäußert ( Tiedemann, 1996 u. 2002).Schon Eissler wies auf die Qualität Goethes als eine Art Reinecke-Fuchs in seiner Dichtung hin (Eissler S.1639). Dass also Goethe bewusst Doppeldeutigkeiten ( z.B. in "Alexis und Dora" ,Schöne 1982) oder insbesondere auch Rätsel, die, wenn gelöst, erst das weitergehende Verständnis des Werkes zu erschließen erlauben, einbaute, ist bekannt.

Des weiteren ist für das Werkverständnis wichtig, dass wir gut über Goethes Kindheit und Jugend informiert sind. Auf sein Leben gibt Goethe in dem gesamten Faust viele Anspielungen, die, wenn man nicht „Dichtung und Wahrheit“ oder auch „Wilhelm Meister“ gut kennt, nicht verstehen kann.