F) Erlebnisse

Aber auch anderen Kindheitserlebnissen sind in „Faust 1“ und „Faust 2“ Denkmale gesetzt: z. B. dem Weihnachtsgeschenk der Großmutter von 1753, dem berühmten Puppentheater: mit dem Dilettanten-Theater in der Walpurgisnacht des „Faust 1“ (4216 f.; Tiedemann, 2010, S. 11 f.) und auch im „Faust 2“, dort mit auffälligen Figurennamen, z. B. RAUFEBOLD und HABEBALD (nach 10330;und s.o. und Anmerkung 27 unten), Namen wie für ein Kinderpuppenspiel und mit erneutem, diesmal versteckten Hinweis auf Dilettanten s.u..

Auch weiteren Ereignissen in seiner Familie setzt Goethe in „Faust 2“ ein Denkmal, z. B. dem obskuren Hausumbau des Elternhauses in Frankfurt unter der Regie des Vaters (DuW, S. 20 ff.), der im Text des „Faust 2“ in solcher Tätigkeit als „SEISMOS“, Gott des Erdbebens, plausibel interpretierbar scheint (SEISMOS und SPHINXE, 7519–7581). Offenbar sah das Haus währenddessen aus wie von einem Erdbeben heimgesucht, und dennoch musste die Familie lange ausharren (Tiedemann, 2002, S. 324 ff.). Auch Goethes Gefühle während der Schwangerschaften seiner Mutter, Eifersucht [4] und „Haß“ (8151) auf Geburt und Geschwister Goethes („Ewige Feindschaft dieser Brut!“ (7666 ff.)) werden erwähnt sowie „Vaterfreudenstunde“ (8150) (Tiedemann, 2002, S. 340–346, insbesondere S. 343 ff.). Die „Klassische Walpurgisnacht“ scheint oft gut deutbar als Goethes Maskerade seiner Familie und einiger Geschehnisse und Erlebnisse im Elternhaus (Tiedemann, 2002, S. 323–354 ).

Unter diesen Gesichtspunkten bekommt die Faust-Gretchen-Thematik möglicherweise ergänzende erneute Bedeutung, wie DuW zu entnehmen wäre: „[...] von unglaublicher Schönheit […] Gretchen [5] […] meine Schöne“ (DuW,S. 184 ff. und DuW, S. 1119, Stellenkommentar zu S. 184). Sinnvoll sind hierzu auch die vielen klugen und vorsichtigen Überlegungen von K. R. Eissler [6] (Eissler, 1983; 1985). Setzte Goethe dem Gretchen aus DuW, laut Goethes Mutter „seine erste Liebe“, ein Denkmal? Dafür spricht zum Beispiel


[4] FAZ (2002); „Fausts wahre Sorge“.

Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

[5] Es ist offen, ob es sich bei Gretchen (DuW, S. 184 ff.) um eine fiktive oder um eine authentische Gestalt handelt. Bettina Brentano (Brief vom 28.11.1810) berichtet von einem Schankmädchen, das nach den Erzählungen von Goethes Mutter seine erste Liebe gewesen sei.

[6] Namen- und Sachregister, S. 1770: Gretchen (Goethes Liebste), S. 90, 611, 742, 1198 f., 1349, 1357 ff., 1497.
Gretchen (Faust), S. 327, 359 f., 369, 843, 1620, 1631, 1634.