dieser Brut", 7675) unter der Aufsicht von Erwachsenen, die so manches Mal eingegriffen haben werden, beschrieben. Wir hätten hiermit Goethes „Programm" der Szene (s. a. weiter oben) entschlüsselt:
Faust Auf Sphinxe bezüglich.
Vor solchen hat einst Ödipus gestanden; (7185)
Auf Sirenen bezügl.
Vor solchen krümmte sich Ulyß in hänfnen Banden;
Auf Ameisen bez.
Von solchen ward der höchste Schatz gespart;
Auf Greife bez.
Von diesen treu und ohne Fehl bewahrt.
Vom frischen Geiste fühl' ich mich durchdrungen.
Gestalten groß, groß die Erinnerungen. (7190)
Die letzte Zeile verstehen wir jetzt besser und vielleicht auch die Zeile bzgl. der Ameisen. Schöne (Schöne 1994, 537) weist darauf hin, daß bei Herodot beschrieben ist, daß es Ameisen gäbe, größer als Füchse, die bei ihren unterirdischen Bauten Gold-Sand aufwerfen, d.h. offenbar kolossale, widerliche ekelerregende Kreaturen. Entsprechend finden wir in der Regieanweisung vor dem ersten Auftritt der Ameisen (vor 7104): „Ameisen von der kolossalen Art"
Goethe erfand für Kleinkinder widerliche Ausdrücke, wie aus den Briefen mit Christiane erhalten ist (z.B. „Krabskrälligkeit"und „das Pfui-teufeichen"; s. Eissler 1985, 1417, 1699). In diesem Zusammenhang und mit dem Textinhalt könnte „Ameisen von der kolossalen Art" hier für Kleinkinder stehen, auch diese haben z. B. einen großen Bauch und Kopf, beide Geschöpfe krabbeln und werfen Sand auf (im Sandkasten). Von Kindern wird z. B. auch „der höchste Schatz gespart" (7188), womit wohl das Leben gemeint sein dürfte! (Neben des auch möglichen analen Bezuges.)
Sind die in der Szene ertrinkenden Schiffer-Knaben die Fischer-Knaben aus Wilhelm Meister}
Es scheinen in der Szene Klassische Walpurgisnacht viele für Goethe bedeutende Kindheits- und Jugenderlebnisse symbolisch bzw. mythologisch verkleidet enthalten zu sein. Vielleicht könnte man daher auch in
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den ertrunkenen (kurzfristig geretteten) „Schiffer-Knaben" (8391-8423) die in Wilhelm Meister erzählte Geschichte von den fünf ertrunkenen „Fischer-Knaben" wiedererkennen (Goethe 2, 544ff)? Mit dem größten der Fischerknaben, Adolph, hatte Goethe bzw. Wilhelm während eines Familienausfluges zu Pfingsten ein ihn sehr bewegendes homoerotisches Abenteuer (Eissler 1985,1592 ff). Eissler meint, obwohl Wilhelm Meister sehr deutliche autobiographische Züge habe, sei diese Erzählung wohl so doch nicht ganz real vorgekommen, denn sonst hätte „einer der zahlreichen ... Goetheforscher die... Berichte darüber ausgegraben" (Eissler 1985,1595). Hier hat Eissler offenbar die „Goetheforscher" überschätzt. (Meines Wissens hat bisher niemand nachgeforscht, z.B. in alten Kirchenbüchern). Beutlcr hingegen meint, die Erzählung sei „als ob früheste Jugenderinnerungen dichterisch gestaltet sind" (Beutler 1980, 9). Hat Goethe seine homoerotische Versuchung, den Fischerknaben Adolph (s. Eissler 1985, 1624), möglicherweise nicht nur in dieser Szene erwähnt, sondern zu Ostern in Faust I als Mephisto wiederauferstehen lassen, entsprechend Vers 8409 („den Jüngling bildet euch als Mann")?
Im Traum-1 des Knabenmärchens in Dichtung und Wahrheit (s. o.), wo Goethe auf eine Art Spiegelung seiner Person trifft („ein junger schöner Mann", Merkur), ist es übrigens ebenfalls Pfingsten (Goethe 3, 51; s. Tiedemann 1986).
Goethes Entdeckung des Unbewußten
Neben der ödipalen Thematik schildert Goethe u. a. in der Szene, daß er das Unbewußte und Gesetze bzw. seine Funktionen erkannt hat. Dies ist dargestellt durch Mephisto und die Phorkyaden. Zunächst der Goethe-Text:
Dryas
Die Phorkyaden! Wage dich zum Ort,
Und sprich sie an, wenn dich nicht schauert.
Mephiscopheles
Warum denn nicht! - Ich sehe was, und staune!
So stolz ich bin, muß ich mir selbst gestehn: (7970)
Dergleichen hab' ich nie gesehn,
Die sind ja schlimmer als Alraune...
Wird man die urverworfnen Sünden
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