fen, analog der Hexenküche, in der das Hexeneinmaleins mit hoher Wahrscheinlichkeit (von Goethe als psychisches Rätsel bezeichnet) Zeitangaben über die Geburten seiner Geschwister enthält (Tiedemann 1988), daß auch in der Szene Klassische Walpurgisnacht eventuell Zahlenrätsel oder Zahlennennungen auftreten, welche Beziehungen zu der Geschwisterzahl Goethes bzw. zu Altersangaben haben könnten. Des weiteren müßten wir ebenso Hinweise auf Goethes Gefühle während der Schwangerschaften und Geburten seiner Mutter hier finden, wie z. B. in der Hexenküche. In dieser sind Schwangerschafts- und Geburtsthematik sowie z. B. Eifersucht und Haßgefühle Goethes auf seine neuen Geschwister dargestellt, entsprechend Freuds Deutung einer Kindheitserinnerung Goethes in Dichtung und Wahrheit (Freud 1971b; Tiedemann 1988).
Tatsächlich sind Zahlenrätsel bzw. Zahlennennungen in der Klassischen Walpurgisnacht zu finden, und zwar zunächst beim Erscheinen der Kabiren, wie oben schon erwähnt. Die Faust-Forschung hat diese Zahlennennungen bzw. Zahlenrätsel bisher nicht gedeutet bzw. keine plausiblen Interpretationen dafür genannt. In Zusammenhang mit dem oben Ausgeführten scheint in diesen Zeilen eine Anspielung auf Goethes Geschwister und ihn selbst: „der Vierte ... er sei der Rechte ... Der für sie alle dächte." (8186 ff) (Also Goethe und drei Brüder, einschließlich der Totgeburt und bezogen auf die Gesamtkinderzahl von Goethes Eltern (sieben) hochgradig wahrscheinlich, insbesondere da im weiteren genannt ist, daß drei der vier (Goethe-Knaben) im Olymp, also gestorben sind.
Auch die Bemerkung der Nereiden und Tritonen (8198 ff): „Dort (im Olymp) wes't auch wohl der Achte,/An den noch niemand dachte." könnte sich auf die Schwangerschaften von Goethes Mutter beziehen, vorausgesetzt man nimmt an, daß sie möglicherweise einen Abort hatte und dieser in der Familie nicht unbemerkt blieb, oder aber hier finden wir einen Hinweis darauf, daß Goethe als Kind Angst hatte, seine Mutter könnte schon wieder schwanger geworden sein, welches dann die achte Schwangerschaft (insgesamt) gewesen wäre und Goethe dem achten Kind der Mutter im vornherein gleich den Tod wünschte.
Wohl wissend, daß er hier Rätsel eingebaut hatte und die so früh Verstorbenen sich als lebensuntüchtig vorgestellt hatte, meint vermutlich Goethe wenige Zeilen später:
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Homunkulus:
Die Ungestalten seh ich an (8219 ff)
Als irden-schlechte Töpfe,
Nun stoßen sich die Weisen dran
Und brechen harte Köpfe.
Thaies:
Das ist es ja was man begehrt, (8223)
Dazu dann Proteus unbemerkt: „So etwas freut mich alten Fabler!" (8225) Der Leser kann sagen: fast unbemerkt! Wir haben hier wieder ein gutes Beispiel dafür, wie Goethe (hier wieder einmal listig wie Odysse-us) mit dem Leser spielt.
Geht man davon aus, daß in den oben genannten Zahlenangaben bzw. Zahlenrätseln die Anzahl der Kinder der Eltern Goethes Eingang gefunden haben, so würde dies auch bedeuten, daß bei der Angabe drei bzw. vier die Totgeburt, der dritte Bruder Goethes, mitgerechnet worden wäre, wohl eher bewußt als unbewußt wie die fast unbemerkte Bemerkung von Proteus zu beweisen scheint (s. Eisslcr 1985,818 f). In der Walpurgisnacht ist übrigens offenbar von einer Totgeburt (Richter/Göpfert 1997, 1035) die Rede: „Das Kind erstickt, die Mutter platzt." (3977) Da in der Szene Anspielungen auf die Geschwister einschließlich der Totgeburt vorkommen, können wir nun erwarten, daß wir möglicherweise auch andere Bezeichnungen wie Bruder, Schwester, Vater, Mutter und ähnliches in der Szene finden können. Deshalb wurde sozusagen eine Art
Screening auf Verwandtschaftsbezeichnungen
in der Szene durchgeführt, d.h. alles mythologische Blendwerk wurde fortgelassen. Das liest sich dann wie folgt:
„Als Jüngling herrlich anzuschaun; / Dem altern Bruder untertänig." (7388 f) (Die Goethe-Forschung weiß mit der Bezeichnung „Bruder" an dieser Stelle nichts anzufangen; s. z. B. Scheithauer, Schöne, Trunz). „Schwesterchen" (7416); „Geschwister" (7419); „Brüder" (7421); „Wie ward sie reizend! jung, des Alten Lust!" (7425) (In Dichtung und Wahrheit wird Goethes Vater von Goethe als der Alte bezeichnet, wie schon oben erwähnt). Faust: „Erst sieben Jahr!" (7426); „Jener Alte, längst Ergraute" (7532ff); „Einer Kreißenden zu Lieb'" (7534); „die Mutter" (7621); „Hexensohn" (7787); „Im neuen Drei der Schwestern" (8030) (Goethe hatte drei Schwestern); „Des Alten Wort dem Frechen schien's ein Spiel" (8118); „Vaterfreudenstunde" (8150); „allerliebster Junge!" (8267); „Bruder" (8290) „Die
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