Durch Ambivalenz und Distanz war Goethes Verhältnis zu seiner Mutter nach seiner Abreise nach Weimar geprägt. Besuche in Frankfurt wurden zwar von der Frau Rat öfters erwartet, von Goethe aber nur selten realisiert, (s. den Briefwechsel zwischen Mutter und Sohn, herausgegeben von Tischendorf, 1920). Statt dessen sandte er ihr Fritz von Stein als Sohn-Ersatz, ähnlich wie er einige Jahre vorher Frau von Stein bat, sich seiner Schwester Cornelia anzunehmen. Auch als Goethes Mutter im September 1808 starb, kam Goethe weder zur Beerdigung noch zur Erbteilung nach Frankfurt.
Helena im ,Faust - zweiter Teil' - ist im Gegensatz zu Marie Beaumarchais und Gretchen eine Spätschöpfung. Ihre Gestalt und ihr Schicksal beherrscht den 3, Akt, den Goethe meist einfach Helena nannte. Goethe begann ihn im Jahre 1800 und veröffentlichte ihn gesondert im Jahre 1827.
Lange nach Cornelias Tod geschrieben, hat das Helena-Schicksal keine offensichtliche Schwesterproblematik mehr. Geblieben ist aber der sadistische Frauenhaß.
Vor dem Palast des Menelas zu Sparta tritt Helena auf, mit ihr der Chor gefangener Trojanerinnen:

„Bewundert viel und viel gescholten, Helena, Vom
Strande komm3 ich, wo wir erst gelandet sind"

(WA I, 15.1, S. 176).

Helena hat von ihrem Gatten, dem König Menelaus, den Auftrag, im Palast alles zum Opfer zu richten. Ein Opfertier aber wurde ihr nicht bezeichnet.

„Wenn du nun alles nach der Ordnung durchgeseh'n,
Dann nimm so manchen Dreifuß, als du nötig glaubst
Und mancherlei Gefäße, die der Opferer sich Zur Hand
verlangt, vollziehend heiligen Festgebrauch... Ein
wohlgeschliffnes Messer fehle nicht zuletzt; Doch alles
andre geb' ich deiner Sorge heim."

(WA I, 15.1, S. 180)

Helena ist voll dunkler Ahnung, die ihr von Phorkyas-Mephisto bestätigt wird:

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