frommann-holzboog
Hans Erich Troje

Gestohlene Liebe -
Zum Problem der Rettung der Ehe

problemata, Band 120. Ca. 220 Seiten.
Leinen ca. DM 68-. Broschur ca. DM 48-. Herbst 1988

Gestohlene Liebe - amor furtivus, übersetzbar auch als verstohlene, verbotene und immer heimliche Liebe - ist in der erotischen Lebensphi­losophie und Dichtung der Römer ein Leitbegriff praktischer Vernunft. Er hat die europäische Diskussion über Ehe, Liebe und Treue vom Altertum bis in die Neuzeit wesentlich geprägt. Auf die Frage nach den Bedingungen und Grenzen der Möglichkeit ehelicher Treue und der Vereinbarkeit von Ehe und Liebe hat schließlich Goethe in seiner sehr gewagten, verrätselten und verheimlichten Dichtung „Das Tagebuch" eine Antwort gefunden, die dem in der herrschenden Moraltheologie entwickelten Konzept der „jungfräulichen Ehe" fundamental entge­gensteht: „im Raub genießen nach Buhlenart des Ehestands heilige Rechte". Die lebendige, gegenwärtiges und zukünftiges Erleben prä­gende Erinnerung gestohlener Liebe macht Treue möglich. Rettung der erlaubten Liebe durch die verbotene, dieser Ausgang wird hier weder sentimental noch frivol verstanden, sondern als Anfang einer konserva­tiv-revolutionären Sinngebung.
In den theologischen und juristischen Diskursen und bei deren zwangs­weiser Umsetzung in Lebenspraxis ist die Ehe den Menschen weitge­hend genommen, enteignet, entfremdet, zugedeckt mit allen möglichen Lasten. Aus der reflektierten Erfahrung der bedrückenden Praxis des gegenwärtigen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts befragt ein tra-ditionsverpflichteter Rechtslehrer und Richter die Ideengeschichte nach Möglichkeiten, das Scheitern der Ehe zu überstehen und die Schei­dung zu vermeiden, sucht nach pragmatischen Strategien des Weiterle-bens in einer kritischen Ehe: Rekonstruktion der Ehe als eigener, wie­der angeeigneter Lebenswelt, als ein Stück individueller Selbstverständ­lichkeit, das Leben ermöglicht und fundiert. In der Tradition, in der zu Konzepten verarbeiteten Summe menschlicher Erfahrungen im histo­rischen Prozeß, liegen nicht nur die Ursachen der Krise, sondern auch die Ressourcen zu ihrer eventuell doch möglichen Überwindung.