ersten von ihm geschilderten Beobachtung die „schweren Gegenstände" die Mutter selbst symbolisieren (Freud 1917b).

Auch in der „Hexenküche" könnte ein schwerer Gegenstand die Mutter oder deren Bauch symbolisieren, und zwar die große, die Welt symbolisierende Glaskugel, die von den jungen Meerkätzchen davongerollt wird und durch den Meerkatzensohn in Scherben gerät (Regie n. 2401). In der Szene fände sich Wut auf eine vielleicht schwangere Mutterimago in Mephistos Worten zur Hexe: „So schlag' ich zu, zerschmettre Dich und Deine Katzengeister!" (2483 f).

Freud meint, das Hinausbefördern (durchs Fenster auf die Straße) erweise sich ... als das Wesentliche der Handlung (Freud, 1917 b). Auf den ersten Blick ist aber nicht zu erkennen, daß aus der „Hexenküche" etwas hinausgeworfen würde. Von Mephisto und Faust ist weder beschrieben wie sie in die Hexenküche hinein, noch hinausgelangen. Die einzige genannte Raumöffnung der Küche ist der zweimal erwähnte Schornstein. Durch diesen gelangt die Hexe später in die Küche hinein und vor der Szene hinaus:

Mephisto (zu den Tieren): „Es scheint, die Frau ist nicht zu Hause?
..."

vgl. Erler, S. 678; Scheithauer, S. 293). Die Meerkatzen bannen zudem die Hausfrau hinaus, deutbar dahingehend, daß sich Goethes Wut gegen seine Mutter richtete, denn entsprechend Freuds Deutung, daß schwere Gegenstände die Mutter symbolisieren können, findet sich in Goethes Erzählung durchaus ein Hinweis auf schwere Gegenstände:

„...alles, was ich von Geschirr erschleppen konnte ..."
(S. 12). Allerdings warf Goethe auch anfänglich
Puppengeschirr, Spielzeug auf die Straße (S. 11).

Bettina von Arnim berichtete dazu am 12.10.1810 an Goethe: „... wie er bald fertig war, kam die Mutter dazu und lachte mit" (Steiger, S. 21). Goethe dagegen schrieb „... nur später erschien jemand zu hindern und zu wehren" (S. 12). War „jemand" Goethes evtl. schwangere Mutter?

Freud zog in Erwägung, daß das in „Dichtung und Wahrheit" erzählte Ereignis sich auch als Goethe fünf Jahre alt war, um den Zeitpunkt der Geburt seiner Schwester Katharina-Elisabetha, 1754, zugetragen haben könnte. Auch dafür fände sich in der „Hexenküche" ein Hinweis, und zwar im „Hexeneinmaleins" (2540-2552). Es wurde von Goethe u. a. als „psychisches Rätsel" bezeichnet (Trunz S. 517). Es ist das Planetensiegel „Sigilla-Saturni" (Scheithauer S. 190 f). Dieses ergibt stets die Quersumme 15, das Produkt aus 3 und 5, den beiden von Freud in Erwägung gezogenen Zahlen (vgl. dazu Freud 1900, S. 421, Anmerkung 1). Vielleicht verspürte Goethe zum Zeitpunkt der Geburt seiner Schwester Katharina-Elisabetha ebenfalls wieder den Wunsch, Hausrat hinaus ins „Verderben" zu stürzen?

Faust ist, wie erwähnt, in der „Hexenküche" fast inaktiv. Nimmt man an, daß die in der Szene vorkommenden Personen Teile der Psyche Goethes darstellen, so symbolisiert Fausts Denken vielleicht die Gedankenwelt Goethes während des Scherbenanrichtens?

Faust sieht in dem vor ihm befindlichen Spiegel nicht sich, sondern das „schönste Bild von einem Weibe!" (2436), d.h. wie Mephisto am Ende der Szene bemerkt „das Muster aller Frauen ... Helenen" (2601 u. 4). Helena verkörpert in den Faustdichtungen Goethes sehr häufig eine Mutterimago (Scholz S. 28, 158, insbes. 168, 183 f). Mephisto verspricht ihm so ein „Schätzchen auszuspüren" und meint, „selig, wer das gute

Die Tiere: "Beim Schmause,
aus dem Haus
zum Schornstein hinaus!"
Mephisto: "Wie lange pflegt sie wohl zu schwärmen?"
Die Tiere: "So lange wir uns die Pfoten wärmen" (2380-5).

Aus: „So lange wir uns die Pfoten wärmen" geht hervor, daß die Hexe magisch hinausgebannt ist und das käme dem Wunsch eines aktiven Hinauswerfens gleich.

Diese Interpretation leitet über zu dem spekulativen Versuch einer Datierung des in „Dichtung und Wahrheit" Erzählten. In der „Hexenküche" findet sich sowohl Schwangerschafts- als auch Geburtssymbolik.

Es wird in der Szene ein Schwangerschaftssymbol, die große Glaskugel, zerstört. Zudem glaubt Mephisto offenbar, indem er die Hexe schlüge, zugleich ihre „Katzengeister" mit vernichten zu können. In der Szene „Walpurgisnacht", auf deren Bezug zur „Hexenküche" Mephisto schon verweist (2589 f), ist von einer schwangeren Hexe die Rede (3977;

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