STRUKTUR der FAUSTDICHTUNG und Goethes KINDERTRÄUME. Kurze Anmerkung. Die FAUSTDICHTUNG besteht aus 2 Teilen, dem FAUST1 und dem FAUST2. FAUST1 ist, relativ zu FAUST2, kurz (S.33 bis S.199; V354- V4612) und einfach,
FAUST2 ist lang (S.203 bis S.464; V 4613- V 12111) und fast verwirrend. Beide Dichtungen sind durch Unterbrechung, Zeit, getrennt. (FAUST2, ERSTER AKT, 1.Szene: ANMUTIGE GEGEND, Faust auf blumigen Rasen gebettet, ermüdet, unruhig, schlafsuchend. Dämmerung (Anm. es ist die Morgendämmerung, denn Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne (vor ARIEL V 4666).
Diese Gestaltungs-Struktur findet sich auch in dem berühmten Text
„DER NEUE PARIS, Knabenmärchen“ , in Dichtung und Wahrheit (DuW, S. 59-73).
Dieses besteht aus 2 Kinderträumen Goethes. Der erste Traum ist kurz (S.59-60) und einfach strukturiert, der zweite Traum ist lang (S.61-73) und fast verwirrend. Beide Träume sind auch unterbrochen durch Zeit. Goethe erwacht Pfingstsonntag aus dem nächtlichen Traum1 und geht in den Gottesdienst. Goethe verschweigt dann aber den Beginn des Traum2 in der folgenden Nacht und klärt den Leser erst auf S.73 darüber auf, dass das weitere, soeben Gelesene, ebenfalls geschilderte Traumerlebnisse waren, Inhalt des Traum2 (S.73 Z 26-27)“; …so daß ich beinahe glauben muß, das zweite Abenteuer sei so gut als das erste ein Traum gewesen: denn…“). Entsprechend erfolgt das erneute Einschlafen des Fausts im Verlauf des FAUST2 unmerklich für den Leser, Zuschauer. Der Traumhinweis erfolgt auch erst im Text des FAUST2 im 1.Akt (6546),
Mephisto zu Faust: „Machst du's doch selbst, das Fratzengeisterspiel!" Sagt Mephisto zu Faust, dass Faust schläft und alles träume (vgl. v. Wiese, S. 151; Staiger, Bd. III, S. 310; Tiedemann, 1986)?