„Um achte war ich in meinem Garten, fand alles gut und wohl und ging mit mir selbst, mit unter lesend, auf ab. Um neune kriegt ich Briefe, daß meine Schwester tot sei. - Ich kann nun weiter nichts sagen" (WA IV, 3, S. 160).
Marie, Gretchen, Helena
Marie Beaumarchais ist die unglücklich Liebende in Goethes Trauer-spiel ,Clavigo'. Goethe suchte nach eigenem Zeugnis mit dieser Dich-tung seine Schuldgefühl „seine düstere Reue", nachdem er Friederike Brion verlassen hatte, zu bewältigen.
„..., als der Schmerz über Friederikens Lage mich beängstigte, suchte ich nach meiner alten Art abermals Hilfe bei der Dichtkunst. Ich setzte die hergebrachte poetische Beichte wieder fort... Die beiden Marien in ,Götz von Berlichingenc und ,Clavigo', und die beiden schlechten Figuren, die ihre Liebhaber spielen, möchten wohl Resultate sol-cher reuigen Betrachtungen gewesen sein" (WA I, 28, S. 118f.).
Der Inhalt des Trauerspiels ,Clavigo' beruht auf der spanischen Reisegeschichte im Jahre 1764£ aus den Memoiren des Caron de Beaumarchais (1774). Clavigo, Archivarius des spanischen Königs, hat seine Verlobte Marie Beaumarchais, ein herzliches, aber unbedeutendes französisches Mädchen, verlassen« Sie lebt in kleinen Verhältnissen in Madrid bei ihrer mit einem Spanier verheirateten Schwester Sophie. Marie hat Clavigo, als er mittellos nach Madrid kam, in seinen Schwierigkeiten, Fuß zu fassen, beigestanden. Nun ist Clavigo Herausgeber einer Wochenschrift und hat großen schriftstellerischen und politischen Ehrgeiz:
„Hinauf! Hinauf! und da kostet's Mühe und List! Man braucht seinen ganzen Kopf; und die Weiber, die Weiber! Man vertändelt gar zu viel Zeit mit ihnen" (WA I, 11, S.51).
Beaumarchais, der Bruder Maries, kommt nach Madrid, um Marie an dem Verräter zu rächen. Beaumarchais zwingt unter Androhung eines Duells Clavigo zu einer Ehrenerklärung für seine Schwester, die aber nur publiziert werden soll, wenn Clavigo nicht die Verzeihung Mariens erhält.
Clavigo wirft sich Sophie, der Schwester Maries, zu Füßen, erneuert